Weltweit zählt Vietnam zu den Ländern, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sein werden. Besonders gefährdet sind die stark bevölkerten Deltas im Norden (Roter Fluss, Hanoi) und im Süden (Mekong-Delta, HCMC) mit seinen zahlreichen fruchtbaren Ackerflächen und Produktionsstandorten.
Auswirkungen des Klimawandels:
* Temperaturanstieg und Niederschlagsmenge
* Zunahme von Naturkatastrophen
* Anstieg des Meeresspiegels
* Staudammprojekte in Laos und China
Bereits bis heute haben die Auswirkungen des Klimawandels die Existenzgrundlagen tausender Menschen zerstört und hunderte von Menschenleben gekostet. Durch den Verlust von Anbaufläche für Nahrungsmittel verringern sich das Bruttoinlandsprodukt und damit die Entwicklungschancen der gesamten Bevölkerung.
Temperaturanstieg und Niederschlagsmenge
Die durchschnittliche Jahrestemperatur ist seit 1960 um 0,5 °C – 0,7 °C gestiegen, wobei die Anstiegsrate am schnellsten in Südvietnam und im zentralen Hochland war.[1] Im Zeitraum 1971–2010 betrug die Erwärmungsrate schätzungsweise 0,26 °C pro Dekade, das bedeutet, dass die Erwärmung in diesen Gebieten doppelt so schnell erfolgte wie die globale Erwärmung in demselben Zeitraum.[2]
Die mittlere Niederschlagsmenge über Vietnam zeigt seit 1960 auf nationaler Ebene keine signifikante Zunahme oder Abnahme. Auf subnationaler Ebene sind jedoch einige Änderungen von Bedeutung; der Trend geht zu erhöhten Niederschlägen in den zentralen Regionen und zu geringeren Niederschlägen in den nördlichen und südlichen Regionen.[3] Die Deltaregionen sind mit ihren Reisfeldern bei drei Ernten im Mekongdelta jedoch auf regelmäßige Regenmengen angewiesen.
Zunahme von Naturkatastrophen
Vietnam ist einem hohen Katastrophenrisiko ausgesetzt und liegt laut INFORM Risk Index 2019 auf Platz 91 von 191 Ländern.[4] Die Gesamtgefahrenlage wird durch die extrem hohe Exposition gegenüber Überschwemmungen beeinflusst, dort steht Vietnam im Ranking auf Platz 1 (gemeinsam mit Bangladesch), einschließlich Fluss-, Sturz- und Küstenüberschwemmungen. Vietnam ist auch stark tropischen Wirbelstürmen und den damit verbundenen Gefahren ausgesetzt (Platz 8). Dürreexposition ist leicht niedriger (Rang 82), aber immer noch signifikant, wie die schwere Dürre von 2015–2017 zeigte.
In den vergangenen 40 Jahren hat die Anzahl der Taifune in Vietnam abgenommen, aber die Intensität und das Schadensausmaß haben zugenommen.[5] Aufzeichnungen zwischen 1970 und 2015 zeigen, dass der Norden stärker betroffen war. Modellierungen von Klimawandeleinflüssen zeigen, dass die Intensität und Unberechenbarkeit der Taifune weiter zunehmen und das Schadensausmaß sich weiter nach Süden ausdehnen wird.[6]
Folgen der zunehmenden Stürme und Niederschlagsmengen sind nicht nur Sturmschäden und Überschwemmungen, sondern auch Erdrutsche und Bodenerosion ganzer Landstricke. Versickert oder verdunstet das Wasser auf den überfluteten Flächen nach und nach, bleibt an vielen Stellen stehendes Wasser zurück, wodurch das Risiko für Dengue Fieber steigt.
Anstieg des Meeresspiegels
Mit einer Küstenlänge von 3260 km ist Vietnam besonders betroffen vom Anstieg des Meeresspiegels.
Der Wasserstand an den vietnamesischen Küsten wird durch Pegel überwacht. Diese haben im Laufe der Jahre (ab 1960) ein unterschiedliches Muster des jährlichen durchschnittlichen Meeresspiegels gezeigt, alle Stationen wiesen jedoch einen steigenden Trend auf. Basierend auf Daten, die von den Überwachungsstationen gesammelt wurden, betrug der mittlere Meeresspiegelanstieg entlang der vietnamesischen Küstenregion im Zeitraum 1993–2008 etwa 2,8 mm/Jahr.[7] Nach diesen Simulationen könnten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts 37 % der Gesamtfläche des Mekong-Deltas bis zu einer Tiefe von über 1 m unter einem Meeresspiegelanstiegsszenario von 0,5 m überschwemmt werden.[8]
Durch den Anstieg des Meeresspiegels dringt Salzwasser auf Ackerflächen und in die Flussarme und macht den Boden für den Anbau von Reis und anderen Pflanzen unbrauchbar. Durch die zunehmende illegale Abholzung der Mangrovenwälder werden die Folgen des Klimawandels verschärft, da die Mangroven Schutz vor Überschwemmungen und Extremwetter boten.
Inzwischen wird versucht, viele Flächen mit Wasser aus Süßwasserbrunnen zu versorgen. Bei längeren Trockenphasen sinkt bei Bewässerung mit Grundwasser der Grundwasserspiegel jedoch immer weiter ab und Meerwasser gelangt ins Grundwasser. Dadurch kommt es in erheblichem Maße zur Versalzung der Böden.
Staudammprojekte in Laos und China
Der Bau von hunderten von Wasserkraftwerken entlang des Mekong führt zu einem dramatischen Rückgang von Flusswasser und den darin enthaltenen Sedimenten. Die Staudämme behindern nicht nur den Wasserfluss, sondern durch die Ausbaggerung von Sand für den Bau der Staudämme erhöht sich auch die Fließgeschwindigkeit des Wassers. Dies führt zu Erosionen am Flussufer.
Die Abnahme landwirtschaftlich nutzbaren Ackerlandes führt zu klimabedingten Migrationsbewegungen. Zahlreiche Landwirte verlieren ihre Lebensgrundlagen und siedeln auf der Suche nach neuen Einkommensquellen in die urbanen Regionen um. Bei Fortführung der derzeitigen Entwicklung schätzen Experten, dass es etwa 2030 zu einer ernsthaften Verknappung der Lebensmittel und einer Versorgungskrise kommen kann.
[1] https://climateknowledgeportal.worldbank.org/country/vietnam/climate-data-historical (Zugriff am 9.12.2022)
[2] Nguyen, D. Q., Renwick, J., & Mcgregor, J. (2014): Variations of surface temperature and rainfall in Vietnam from 1971 to 2010, International Journal of Climatology, Vol 34, S. 249–264.
[3] https://climateknowledgeportal.worldbank.org/country/vietnam/climate-data-historical (Zugriff am 9.12.2022)
[4] Climate Risk Country Profile: Vietnam (2021): The World Bank Group and the Asian Development Bank.
[5] Walsh, K., McBride, J., Klotzbach, P., Balachandran, S., Camargo, S., Holland, G., Knutson, T., Kossin, J., Lee, T., Sobel, A., Sugi, M. (2015), Tropical cyclones and climate change. WIREs Climate Change Vol. 7: 65–89.
[6] Economics of Adaptation to Climate Change (2010): The World Bank Group. 2010.
[7] Schmidt-Thomé, Philipp; Nguyen, Thi Ha; Pham, Thanh Long (2015): Climate Change Adaptation Measures in Vietnam – Development and Implementation.
[8] Nguyen Danh Thao, Hiroshi Takagi, Miguel Esteban (2014): Coastal Disasters and Climate Change in Vietnam.
Stand: Dezember 2022