Todesstrafe

Offizielle Statistiken über die Anwendung der Todesstrafe gelten in Vietnam als Staatsgeheimnis. Nach wie vor werden Todesurteile wegen Drogendelikten und Wirtschaftsverbrechen, wie Unterschlagung, verhängt. 2017 gab es nur wenige Berichte über Hinrichtungen in den Medien, doch Amnesty International ist der Ansicht, dass jedes Jahr zahlreiche Hinrichtungen vollstreckt werden. Ein Bericht des vietnamesischen Ministeriums für Öffentliche Sicherheit vom Februar 2017 enthüllte zum ersten Mal, dass Vietnam der drittgrößte Hinrichter weltweit ist. Das Land richtete zwischen dem 6. August 2013 und dem 30. Juni 2016 insgesamt 429 Gefangene hin. Der Bericht enthält jedoch keine Aufschlüsselung nach Jahren. In dem Bericht stand weiterhin, dass seit 2013 fünf neue Zentren zur tödlichen Injektion gebaut werden sollten. Ende 2017 sollen über 600 Personen zum Tode verurteilt gewesen sein.[1]

Auch im Jahr 2019 hat das Ministerium keine Zahlen über Hinrichtungen oder Todesurteile veröffentlicht. In einem Bericht an den Justizausschuss der Nationalversammlung, der Anfang September 2019 vorgelegt wurde, erklärte die Regierung, dass zwischen dem 1. Oktober 2018 und dem 31. Juli 2019 68 Männer hingerichtet worden seien. Die Zahl der in den ersten sieben Monaten des Jahres 2019 verhängten Todesurteile sei dem Bericht zufolge um 25% höher als im gleichen Zeitraum 2018. Ferner wurde festgestellt, dass 229 Menschen seit fünf bis zehn Jahren in der Todeszelle auf ihre Hinrichtung warteten, 20 weitere sogar mehr als zehn Jahre.[2]

Paragraf 40 des VnStGB bestimmt, dass das „Todesurteil ein besonderes Urteil ist, das gegen Menschen verhängt wird, die extrem schwere Verbrechen begangen haben, die die nationale Sicherheit und menschliches Leben bedrohen oder Korruptionsverbrechen und andere sehr schwere in diesem Dokument definierte Verbrechen umfasst“. Die Reform nahm zwar einige Straftaten von der Todesstrafe aus, doch Mord, Veruntreuung und Drogendelikte – die Verbrechen, die am häufigsten mit der Todesstrafe geahndet werden – blieben von der Reform unberührt. Das Strafgesetzbuch schreibt nicht zwingend die Todesstrafe vor und nennt explizit alternative Strafen wie eine lebenslange Haft. Die Gerichte sind angewiesen, alle erschwerenden und mildernden Umstände bei der Strafzumessung zu berücksichtigen und können daher weniger schwere Strafen verhängen. Die Straftatbestände des Drogenschmuggels und Wirtschaftsverbrechen fallen nicht in die Kategorie der „schwersten Verbrechen“, auf die sich die Anwendung der Todesstrafe laut internationalen Menschenrechtsnormen beschränken muss.

[1] Amnesty International: 10 year death row case pushed for execution, https://www.amnesty.org/download/Documents/ASA4180042018ENGLISH.pdf, Zugriff am 24.04.20

[2] Amnesty International: Death Sentences and Executions 2019, https://amnesty-vietnam.de/wp-content/uploads/91/Amnesty-Death-Sentences-and-Executions-2019.pdf, Zugriff 30.04.20

Vollständiges Kurzdossier Vietnam

3. März 2021