Vietnam: Böden, Wälder, Flüsse – alles ist vergiftet

Während des Krieges in Vietnam versprühten die USA und ihre Alliierten Millionen Liter Herbizide, darunter Agent Orange. Das Entlaubungsmittel enthielt ein hochgiftiges Dioxin. Fast 50 Jahre später leiden noch immer Hunderttausende Menschen darunter.

“Am Morgen wasche ich ihr zuerst das Gesicht, danach ziehe ich sie an. Dreimal täglich gebe ich ihr zu ­essen. Alle zwei bis drei Stunden muss ich sie umdrehen, damit sie nicht wundliegt. Den Ventilator lassen wir 24 Stunden lang laufen.” Nguyen Thi Thanh erzählt von ihrem schweren Alltag. Sie ist 66 Jahre alt und die Mutter der schwerbehinderten Le Huyen. Arme und Beine der 40-Jährigen sind deformiert. Sie ist stumm, und es ist unklar, ob sie ihre Umgebung wahrnimmt. Sie kann nicht aufrecht sitzen, ihr Leben verbringt sie liegend. Die Mutter schläft mit ihr im selben Bett. Bei Wetteränderungen bekomme sie oft Schreianfälle, begleitet von verkrampften Bewegungen.

“Wer ein behindertes Kind hat, braucht sehr viel Geduld, man muss seine Gefühle gut im Griff haben”, sagt Thanh. Und wie zum Beweis des Gegenteils fließen ihr plötzlich Tränen über die Wangen. Sie sagt nur: “Ich bin sehr traurig.” Ihr Mann, Tran Quang Toan, schwer lungenkrank und sichtbar geschwächt, sitzt stumm ­neben den beiden auf der Bettkante. Alle drei leben in einem einzigen kleinen Raum.

60 Euro monatlich vom Staat

Zwei Jahrzehnte lang sammelte Tran Quang Toan Rattan in Wäldern, die von Agent Orange vergiftet waren. 18 Jahre lebte die Familie neben dem Flughafen von Da Nang, der ebenfalls mit Agent Orange verseucht war. Der Vater und ­seine Tochter wurden offiziell als Dioxin­opfer anerkannt. Umgerechnet etwa 60 Euro bekommt die Familie deshalb monatlich vom Staat. Eine andere Einnahmequelle gibt es nicht. Mutter Thi Thanh betreut ihre Tochter rund um die Uhr und trägt die ganze Last allein. “Ich bin ihre Mutter. Ich muss meine Tochter lieben. Wer sonst?”

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